Autoren-Coaching auf der LBM17

© Gero Altmann
© Gero Altmann

Die Leipziger Buchmesse steht vor der Tür! Zu diesem Anlass haben wir uns etwas ganz Besonderes einfallen lassen: Gemeinsam mit Beemgee bieten wir ein exklusives Autoren-Coaching auf der LBM17. Wer bis zum 18. März 2017 seine Geschichte als Beemgee-Projekt anlegt und uns dieses einschickt, hat gute Chancen, einen unserer 8 Beratungstermine à 40 Minuten wahrzunehmen! Wir freuen uns, Euch persönlich kennenzulernen. Gern beantworten wir auf der LBM17 auch alle Eure Fragen zum Schreibhain und zu unserer Autorenausbildung.

Was Ihr unternehmen müsst, um einen der Beratungstermine zu ergattern, lest Ihr auf dem Beemgee-Blog: https://www.beemgee.com/blog/autorencoaching-leipziger-buchmesse-2017/?lang=de

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Schreibwettbewerb um einen Platz als Stipendiat in der Autorenausbildung VI

Am 01. April 2017 startet unsere Autorenausbildung mit dem Jahrgang VI. Ab sofort nehmen wir Eure Bewerbungen entgegen.

Wir vergeben einen Platz an einen Stipendiaten

Auch dieses Mal vergeben wir wieder einen Platz an einen Stipendiaten und loben dafür unseren Schreibwettbewerb aus.

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Schreibwettbewerb

Thema und Genre des Textes überlassen wir Euch. Einzige Einschränkung: Es muss sich um einen belletristischen Text handeln. Bitte schickt uns keine Lyrik, keine Sach- oder Theatertexte, auch keine Essays. Wir können sie leider nicht berücksichtigen. Ob abgeschlossener Text oder Fragment aus einem größeren Projekt spielt hingegen keine Rolle. Zusätzlich zum Wettbewerbstext bitten wir um eine künstlerische Vita.

Maximale Länge: 10 Normseiten.

Einsendeschluss: 10. März 2017.

Bekanntgabe des Gewinnertextes: 17. März 2017

Einreichungen an: Tanja Steinlechner und das Schreibhainteam / kontakt@tanja-steinlechner.de

 

Mit Teilnahme am Wettbewerb erklärt sich der zukünftige Stipendiat bereit, namentlich und mit Foto auf der Schreibhain-Website genannt zu werden.

Sollte wider Erwarten der Jahrgang nicht zustande kommen, erhält der Stipendiat einen Platz im Jahrgang VII (ab Oktober 2017). Der Gegenwert der Autorenausbildung kann nicht in bar ausgezahlt werden. Sollte der Stipendiat anreisen müssen, trägt er die Kosten für seine Unterbringung, die Fahrten und seine Verköstigung.

 

Nach Ablauf des Wettbewerbs informieren wir alle Autoren über das Ergebnis und teilen auch mit, welche Bewerber sich unabhängig vom ersten Preis für die Autorenausbildung qualifiziert haben.

 

Weitere Informationen zur Autorenausbildung im Schreibhain

https://schreibhain.com/weiterbildungfuerautoren/autorenausbildung/

 

Kostenfreier Infoabend zur Autorenausbildung im Schreibhain:

18. Februar 2017 / 19.00 – 20.30 Uhr

Kleine Rosenthaler Straße 2, 10119 Berlin

Wir bitten um Anmeldung unter: kontakt@tanja-steinlechner.de oder telefonisch unter: 0177/ 32 16 298

 

Vergissmeinnicht war gestern oder eine Liebesgeschichte in neuem Gewand – Eine Rezension von Tanja Steinlechner

36188Wild zusammengewürfelte Blumensorten wuchern nicht nur in dem dafür vorgesehenen Kübel, sondern auch in der Kaffeetasse. Auf taubenblauem Grund prangt ein grüner Stempelvollmond und büßt an den Rändern Farbe ein. Fehldruck. Vintage. Berlinzauber. Ausgerechnet der Mangel gibt die Komposition vor und erweckt einen blühenden Eindruck, der Leben hervorkitzelt hinter Fassaden.

So ergeht es auch Marieke, der Protagonistin in Ilke S. Pricks Roman Vergissmeinnicht war gestern. Sie ist die Jüngere von zwei Geschwistern, die sich schuldig fühlt am Unfalltod ihrer Mutter; die nie heranreicht an ihre perfekte Schwester, nicht in ihrer Sehnsucht, die sie mit einem ganz bestimmten Blau auf die Leinwand zu bannen sucht, nicht mit ihrem Zahnarztgatten, der ihr chaotisches Leben verdaut und geordnet hat und der sie jetzt – nach all den Jahren – doch betrügt.

Im mittleren Alter noch einmal neu anfangen, kann das gutgehen?

Marieke zieht in die leerstehende Wohnung ihrer Freundin. Sie fühlt sich allein und überfordert von ihrer Geschichte und all ihren Verlusten. Es ist Silvester. Niemanden will sie  an sich heranlassen und deshalb auch nicht bleiben. Die Wohnung ist ihre Übergangslösung auf Zeit – und dann kommt es wie es kommen muss. Sie stolpert in neue Bezüge, die das Leben mit sich bringen und altbekannte Namen tragen wie Freundschaft, Haustier und Liebe. Da sind die Nachbarn, die sich als lebendige Hausgemeinschaft und später Wahlfamilie entpuppen, das lesbische Liebespaar Susann und Nada, die alte, warmherzige Frau Schröder und nicht zuletzt ein Hund, den Marieke – in Gedanken versunken – anfährt.  Auch das Tier will sie nur vorübergehend bei sich aufnehmen und verweigert ihm daher die Namensgebung. Hund muss als Ansprache genügen. Zu diesem Zeitpunkt ahnt sie nicht, dass er bleiben, einen festen Platz in ihrem Herzen erobern und seinem späteren Namen mehr als gerecht werden wird. In der Dachgeschosswohnung über ihr lebt ein Ben, dem sie sich nach und nach öffnet.

Kann die neu aufkeimende Liebe den Rückeroberungsversuchen ihres Mannes standhalten? Kann sich Marieke damit arrangieren, dass Ben Vater wird und Nada, die ihr geholfen hat, im Haus Fuß zu fassen und ihren Balkon zu begrünen, eine der Mütter ist, weil sie sich mit ihrer Partnerin ein Kind gewünscht hat?

Marieke wagt den Versuch neue Familienmodelle auszuloten und gewinnt darüber nicht nur inspirierende Freundschaften, eine gleichwertige Partnerschaft auf Augenhöhe und ein neues Verständnis ihrer Ursprungsfamilie, sondern auch einen liebevollen Blick auf sich selbst, den sie vorher nicht zulassen konnte.

© Martina Machel / Insel Verlag
© Martina Machel / Insel Verlag

Ilke S. Prick erzählt diese tiefe Liebesgeschichte mit großer Leichtigkeit und Humor und macht ganz nebenbei Lust auf laue Sommernächte in blühenden Großstadthinterhöfen. Wer noch nicht weiß, was es mit urban oder guerilla gardening auf sich und Lust auf eine unterhaltsame und fein erzählte Geschichte hat, bekommt meine Leseempfehlung: Vergissmeinnicht war später.

Ilke S Prick: Vergissmeinnicht war gestern. Berlin, 2016.

http://www.suhrkamp.de/buecher/vergissmeinnicht_war_gestern-ilke_s_prick_36188.html

Liebster Award

liebster_awardRicarda Howe, ihrerseits Autorin und Bloggerin www.schreibsuechtig.de, hat meinen Blog für den Liebster Award nominiert. Der Preis will junge Blogs vernetzen und deren Bekanntkeit steigern. Danke, liebe Ricarda!

Im Rahmen des Liebster Awards beantworte ich Ricardas Fragen und darf im Anschluss daran weitere Blogger nominieren und sie mit meinem Fragekatalog „beschenken“.

 

 1. Wie beginnt Dein perfekter Tag?

Mit einer Erinnerung an wildverwobene Traumbilder von denen ich genau spüre, deren Motive werden mir gleich gestatten, mich zu den Tieferschichten meines Romans oder meiner Erzählung – je nachdem woran ich gerade schreibe – zu graben. Jemand hat mir einen Milchcafé gebrüht, der auch nach dem Duschen noch heiß ist. Der Laptop ist hochgefahren und die Geschichte schreibt sich wie in Trance.

2. Was ist Dein Lieblingsbuch? Warum?

Es gibt derer so viele, eine wirklich schwierige Frage. Auf jeden Fall eines von Haruki Murakami. Ich könnte IQ84 sagen oder Mister Aufziehvogel, beides Romane, deren Bildwelten mich noch heute heimsuchen und meine schriftstellerische Arbeit beeinflussen. Aber wenn ich ganz ehrlich bin, ist mein Lieblingsbuch Kafka am Strand, aus oben genannten Gründen gepaart mit meiner eigenen Geschichte, die ich ja stets – auch als Leser – bei mir trage, unterdessen die Buchstaben auf dem Papier lebendig werden.

3. Wie schreibst Du Deine Blogbeiträge: schnell von der Leber weg oder mit vielen Überarbeitungen?

Im Idealfall: Einen ersten Wurf unbedingt schnell, ohne allzuviel Vorüberlegungen. Dann lasse ich den Text liegen und gönne ihm Reifezeit, bevor ich ihn überarbeite.

Das stimmt nicht immer, aber diese Beschreibung kommt meiner Arbeitsweise nahe. Manchmal gibt es aber auch Tage, da wälze ich Worte, da klingen sie noch nicht wie sie sollen. Bad word days. Mittlerweile habe ich gelernt auch diese Tage zu akzeptieren, sie zumindest hinzunehmen. Sie wollen etwas anderes von mir: spazierengehe, schwimmen, Tango tanzen, küssen, Eindrücke sammeln.

4. Sonnenaufgang oder Sonnenuntergang? Welche Tageszeit ist Dir die liebste?

Sonnenuntergang. Am liebsten am Meer, den Sternenhimmel über mir. Auch zum Schreiben liebe ich die Nacht. Sie sammelt die Klänge: Stille, buntes Treiben, Schweben. Wer wie ich gerne nachts schreibt, ist herzlich zu einer unserer Langen Schreibnächte im Schreibhain eingeladen.

5. Deine drei wichtigsten Zutaten zum Glück:

Lieben – in allen Facetten.

Schreiben, weil ich dadurch und darin lebe.

Lesen, weil es mir viele Leben schenkt.

6. Was war das Unvernünftigste, was Du je gemacht hast? Würdest Du es wieder tun?

Lieben, gegen alle Möglichkeiten, Realitäten und Wahrscheinlichkeiten. Ich tue es jeden Tag und bereue es nicht.

7. Wenn Du einen Tag jemand anderes sein könntest, wer wärst Du dann gern? Warum?

  • Ein magisches Wesen, etwas, das außerhalb des menschlichen Erfahrungsbereichs liegt. Einer dieser modernen Vampire, getrieben von großer Sehnsucht und erfüllt von Leidenschaft, eine magiebegabte Hexe, ein flugfähiger und denkender Drache?
  • Alternativ ein Mensch, der andere durch seine Kunst entfesselt und Erfahrungshorizonte öffnet. Meine Verehrung gilt Georgette Dee. In diesem Fall, wähle ich also Gedanken, Körper und Seele des großen Bühnenkünstlers.
  • Eine dritte Option: Ein Schrifsteller/ eine Schriftstellerin aus einer anderen Zeit. Berlin in den 1920-ern vielleicht?

8. Du hast ein One-Way-Ticket zum Mars gewonnen. Es gibt kein Zurück. Nimmst Du den Preis an?

Nein, nicht ohne die Möglichkeit der Rückkehr und Kommunikation. Das große Abenteuer reizt mich natürlich, aber der Preis, die ewige Einsamkeit, ist zu hoch.

9. Welches Projekt hast Du Dir für die nächste Zeit vorgenommen?

Ich schreibe an einem literarischen Roman mit dem Arbeitstitel Die Raupe. Es geht um nicht weniger als Erlösung und die Suche nach der Wahrheit.

10. Was wünschst Du Dir zum Geburtstag?

Küsse und rote Rosen, einen wunderbaren Roman, Entspannung, das Rauschen des Meeres und die Sonne auf der Haut. Mit Freunden den Tag ausklingen lassen.

11. Wie endet Dein perfekter Tag?

Auch hier imaginiere ich verschiedene Szenarien gleichzeitig:

  • Leidenschaft, spielt eine Rolle – noch ist es zu früh am Tag, um konkreter zu werden.
  • Besonnen und beseelt: Ich hänge einem Gedanken nach und beobachte den Flug eines Glühwürmchens.
  • Am Meer. Die Füße im noch tagwarmen Sand.
  • Die letzte Seite meines aktuellen Romans ist geschrieben.

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Ich nominiere:

  1. Jan Teuner: http://peerewju.de
  2. Fabian Baader: https://fabianbader.de/author/schreibader/
  3. Michael Schäfer: http://michaelschaeferasb.wix.com/schreibtischtaeter

 

Meine Fragen an die Nominierten:

  1.  Wie entstehen Deine Texte? Gibst Du uns Einblick in Deine Werkstatt?
  2. Gibt es ein Thema, das Deine Figuren, unabhängig von Deinem Stoff, immer wieder umtreibt?
  3. Warum schreibst Du Romane?
  4. Die Muse hat Dich geküsst – eine Romanidee ist entstanden. Teilst Du einen solchen Moment mit uns?
  5. Gibt es Rituale, die Dich beim Schreiben begleiten?
  6. Wenn Du eine Zeitreise unternehmen könntest, in welche Epoche ginge es für Dich?
  7. Welche Menschen möchtest Du in diesem anderen Zeitalter treffen ?
  8. Du darfst einen Tag mit einem Schriftsteller/ einer Schrifstellerin Deiner Wahl verbringen, wen triffst Du und weshalb?
  9. Eine Fee schenkt Dir eine magische Fähigkeit. Welche suchst Du Dir aus?
  10. Welche Bücher nimmst Du mit in den Urlaub?
  11. Ein Jahr lang schreiben an einem Ort Deiner Wahl. Wohin zieht es Dich?

 

Regeln des Liebster Award

 

  1. Danke der Person, die Dich für den Liebster Award nominiert hat und verlinke ihren Blog in Deinem Artikel.
  2. Beantworte die 11 Fragen, die Dir der Blogger, der Dich nominiert hat, gestellt hat.
  3. Nominiere 2 bis 11 weitere Blogger für den Liebster Award.
  4. Stelle eine neue Liste mit 11 Fragen für Deine nominierten Blogger zusammen.
  5. Informiere Deine nominierten Blogger über den Blog-Artikel.
  6. Das Beitragsbild kannst Du optional in deinen Beitrag einfügen.
  7. Schreibe diese Regeln in Deinen Liebster-Award-Blog-Artikel.

 

 

 

 

 

Stipendium für die Autorenausbildung V zu vergeben

Schreibhain_Anzeige.inddFür die Autorenausbildung Jahrgang V, lobt der Berliner Schreibhain ein Stipendium, beginnend ab dem 08.10.2016, aus.

Einzureichen ist bis spätestens 10. September ein eigener und bisher unveröffentlichter Prosatext (3 – max. 15 Normseiten) und eine künstlerische Vita. Bitte seht davon ab Lyrik, Theatertexte oder gar Sachbuchbeiträge zu schicken. Bitte mailt Eure Beiträge elektronisch an: kontakt@tanja-steinlechner.de

Für die Auswahl des Stipendiaten ist die Autorin und Leiterin des Schreibhain Tanja Steinlechner und eine Auswahl des Schreibhainteams verantwortlich.

Der Stipendiat erhält die 18 monatige, berufsbegleitende Autorenausbildung im Schreibhain kostenfrei (Gesamtwert: 4320 EUR). Eine Barauszahlung des Preises ist nicht möglich. Ggf. anfallende Reisekosten nach Berlin, Übernachtung und Spesen übernimmt der Stipendiat.Dieser erklärt sich – mit Einreichung des Textes-  damit einverstanden auf der Schreibhainseite mit Foto veröffentlicht zu werden. Auch in den sozialen Medien (FB, Twitter, etc.) werden wir auf unseren Stipendiaten hinweisen.

Sollte die Autorenausbildung mangels geeigneter Bewerbungen widererwarten nicht zustande kommen, verschiebt sich der Beginn des Stipendiums auf das Frühjahr 2017. Dieses Szenario ist in den letzen vier Ausbildungen bisher nie eingetroffen.

Am 14.September geben wir unseren Stipendiaten bekannt und laden ihn zur Infoveranstaltung am 16.09. um 20.00 Uhr in den Schreibhain nach Berlin ein.

Weitere Informationen zur Autorenausbildung findet Ihr unter:

https://schreibhain.com/weiterbildungfuerautoren/autorenausbildung/

Literaten lauern auf Lebendmaterial – Literaturcamp 16

Heidelberg ist von der beschaulichen Literaturstadt zur wilden Literaturszene geworden, zumindest am 11. und 12. Juni 2016.

Fotos: Valentin Bachem @creativecommons / #litcamp16
Litcamp-HD-206 von Valentin Bachem | Lizenz: CC-BY 2.0

Von überall strömt die Branche zusammen. Wie ein Fluss das Meer sucht, suchen wir Buchmenschen den Austausch untereinander. Was auf dem Literaturcamp passiert, ist einer Mischung aus hervorragender Organisation im Vorfeld (Danke an Susanne Kasper und ihr Engelteam), Lust am Wagnis, Neues auszuprobieren und der Stimmung zu verdanken, die durch das Dezernat 16 rauscht und auch am späten Abend nicht abebben will.

Das Literaturcamp basiert auf dem Barcampgedanken. Alle Teilnehmer treffen sich auf Augenhöhe, sind gleichzeitig Sessiongeber und Zuhörer. Welche Sessions stattfinden, entscheidet sich vor Ort. Ob Workshop, Impulsvortrag, Diskussion oder eine geleitete Fragerunde zu einem Thema – alles ist dabei. Sogar Katzen und Kinder – nicht unbedingt in dieser Reihenfolge – und wenig logisch verkettet.

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Foto: Jürgen Brückmann
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Foto: Jürgen Brückmann

Neben meinem eigenen Mini-Workshop Dein Thema finden & Ideenarchive aufbauen (zum zweiten Teil kommen wir aus Zeitgründen kaum), darf ich als Regisseurin teilhaben an Nina Georges Figurenaufstellung mit Lebendmaterial. Wie herrlich einmal die Rolle wechseln zu dürfen! Denn als Schreibcoach weiß ich natürlich, dass Figuren ein Ziel brauchen und ein Dilemma, das ihnen im Weg steht; dass sie darüberhinaus in Beziehungen verflochten sind und ihre Rollen im Roman Funktionen haben, doch als Autorin wird all jenes Wissen zur Suchbewegung. War nicht vorher noch alles ganz klar? Was passiert, wenn wir mit unserer Geschichte ins Scheinwerferlicht treten? Apropos Scheinwerfer: Wir haben einen Theatersaal für uns, sogar eine kleine Bühne auf deren Stufen jetzt das Publikum sitzt, aus dem ich meine Protagonisten stellen darf. Ich werde schnell fündig: Manuel ist da – mein Manuel, der Archivar und spätere Schriftsteller. Jene Erzählstimme, die bald darauf, in persona verkörpert, auf einem Stuhl steht. Sie kann den Überblick über das Geschehen geben. Da ist auch Lilien, jene hochgewachsene Rothaarige mit den tiefblauen Augen und den Sommersprossen, deren Wahrnehmungsfähigkeiten nach dem Suizid ihrer Mutter erblühen wie Winterrosen. Und Tom? Tom bleibt blass, obwohl er ein klares Ziel verfolgt, nämlich ein Mädchen, das in seinen Träumen ihr Unwesen treibt, zu retten. Dass er nicht an Kontur gewinnt, hat natürlich nichts mit dem armen Darsteller zu tun, der sein Bestes gibt und sich doch überflüssig vorkommt; für den das Setting nicht stimmt. Fünfundzwanzig Minuten darf ich meine Figuren erleben, ihnen zuhören, sie befragen. Am Ende gibt Nina den entscheidenden Hinweis: „Wenn drei Figuren erzählen, trennst du sie auch voneinander.“ Keine Aufforderung, aber ein Satz, der nachwirkt und Wellen schlägt in mir.

Nach dem Stellen ist vor dem Stellen. Ich besuche nicht sofort eine weitere Session, falle stattdessen in einen grünen Samtsessel und zücke Stift und Notizbuch. Wenn Lilien für die Verlusterfahrung steht, dann brauchen die Leser Hoffnung. Und wenn ich die Gesichter meiner Figuren betrachte, weiß ich auch, wer sie verkörpert. Der Stille. Der Beobachtende, der den Lauf der Welt von seiner Warte aus ruhig betrachtet und Gedanken spinnt und Handlungen aus Vorgefundenem. Der gegen den Tod die Erfindung setzt.

Stoff, der mich weitertreiben wird.

Foto: Valentin Bachem @creativcommons Nina George
Litcamp-HD-206 von Valentin Bachem | Lizenz: CC-BY 2.0 Nina George

Der Abend nimmt wieder neue Fahrt auf, als wir über die Warengruppe 483 ins Gespräch kommen, erotische Belletristik und Sachbücher fallen darunter. Mit dabei Nina George, die als Anne West bereits in diesem Segment veröffentlicht hat und uns erzählt, dass auch ihre Bestseller „Stellen“ haben, also Passagen beinhalten, die erotisch sind.

Wir alle haben einen herrlichen Tag hinter uns und mittlerweile bereits das ein oder andere Glas Wein getrunken. Literaturcamps – das sei hier  angemerkt – können herrlich albern sein. Ein Karnevalsverein ist eine sehr trübe Veranstaltung gegen die unsere. Nur Worte – egal welcher Sorte und welchen Klangs – kann ich nach der Nachtsession nicht mehr aussprechen, ohne Bezüge zu finden, die sie gar nicht hergeben. Überdies stellt sich die Diskussionsrunde durchaus ernsthaften Fragen: Was kann erotische Literatur sein und was wünschen wir uns von ihr? Immerhin ist Sexualität ein großer Teil des Lebens – auch unserer Figuren. Manuel sitzt neben mir und sieht mich mit großen Augen an. Er hat recht, er ist eine Denker- und Träumerfigur, seinen Leidenschaften habe ich bisher wenig Raum gegeben.

Jetzt will ich endlich entspannen, Manuel hin – Lilien her. Und so führen wir roséweingeschwängerte Gespräche, die doch wieder tief schürfen, Existenz und Wahrheit, Liebe und Glück streifen, fassen, verlieren und dazu – wie kann es anders sein – Zigaretten.

Da meine liebste Kollegin Susanne dem nächtlichen Treiben in der Altstadt entflohen ist, verbringe ich die Nacht damit, unter den Dächern Heidelbergs, dem Roman einer  jungen Autorin zu lauschen, die genau Jenes schon umgesetzt hat, was wir uns von erotischer Literatur erhoffen. Die Sexualität zwischen dem Abgrund Leben angesiedelt, eine Brücke über den Tod, einen Augenblick Himmel – wenigstens Vergessen. Wer mehr dazu lesen will, findet unter Bordsteinprosa Einsicht ins Schaffen der Literatin.

Foto: Valentin Bachem @creativecommons Der Morgen danach mit Bordsteinprosa und Jasmin Zipperling
Litcamp-HD-206 von Valentin Bachem | Lizenz: CC-BY 2.0 Der Morgen danach mit Bordsteinprosa und Jasmin Zipperling

Ich gestehe, so wenig geschlafen wie in den Heidelberger Tagen habe ich schon lange nicht mehr: Vier Stunden in zwei Nächten, wenn ich großzügig rechne. Der Inspiration tut das keinerlei Abbruch. Dafür werden die Wortungetüme immer größer: Eine Brücke über den Tod… Meine Güte, ich wollte doch nur ein Literaturcamp besuchen.

Selten bin ich derart überrascht worden und nicht zuletzt deshalb hoffe ich auf eine Fortsetzung des Heidelberger Literaturcamp in 2017.

Und weil dies ein Schlusssatz sein könnte und mir Enden schwer fallen, wie allen Campteilnehmern, seien hier noch zwei Anmerkungen hinterhergeschoben:

Foto: Valentin Bachem Selim Özdogan @creativcommons / #litcamp16 /
Litcamp-HD-206 von Valentin Bachem | Lizenz: CC-BY 2.0 Selim Özdogan
  1. Die Session von Selim Özdogan zum Thema Schreibblockaden und Kreativität hat mich nachhaltig beeindruckt. Einem so begabten Autor beim Denken zuzusehen, seinen Schleifen und Schwüngen zu folgen ist – auch außerhalb seines durchaus ernstzunehmenden Rats: „Schreibblockaden gibt es nicht“ – ein Hochgenuss.
  2. Viel zu früh bin ich am Montag mit dem Wissen aufgewacht: Ich habe nur noch zwei Erzähler: Lilien und Manuel. Danke dafür Nina! Sorry, Tom! Du lebst weiter, nur leider nicht als Hauptfigur.